TolSax Update | Newsletter April 2022
Im #TolSaxUpdate April wirft TolSax-Sprecher Robert Kusche vom RAA Sachsen e.V. einen Blick auf die neue Aufstellung der Demokratieförderung im Bund. Der Rest des Newsletters zeigt wie immer viele Möglichkeiten auf, sich in Sachsen zu engagieren und andere Engagierte kennenzulernen. Das geht zum Beispiel bei unseren beiden Veranstaltungen, für die Ihr Euch ab jetzt anmelden könnt!
Zum April-Newsletter
Editorial von Robert Kusche, RAA Sachsen e.V.
Liebe Mitglieder, Liebe Engagierte,
Der Angriff auf die Ukraine schockiert uns und wir stehen solidarisch an der Seite der Menschen, die fliehen müssen. Wir unterscheiden dabei nicht zwischen richtigen und falschen Geflüchteten und kritisieren die nachweislich rassistischen Kontrollen an den EU-Außengrenzen und fordern insbesondere den Schutz von Kindern und Frauen vor Menschenhändlern. Denn für uns ist klar: Refugees are welcome.
Doch befassen werde ich mich mit einem anderen Thema: Die neue Aufstellung der Demokratieförderung im Bund. Die größte Gefahr geht vom Rechtsextremismus aus, eine mittlerweile klare Position der Bundesregierung. Daher die Verankerung eines Demokratiefördergesetz im Koalitionsvertrag sowie der Aktionsplan des Bundesinnenministeriums. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es Jahrzehnte gedauert hat, bis sich diese Erkenntnis auf oberster politischer Ebene durchgesetzt hat.
Bereits nach den tödlichen Attentaten des NSU hätte daran kein Zweifel mehr bestehen dürfen. Es bedurfte aber erst der Anschläge von Halle, Hanau und dem Mord an Walter Lübcke. Und auch unsere Zahlen von 2021 zeigen, dass trotz der Einschränkungen des öffentlichen Lebens jede Woche in Sachsen ca. 3-4 rechte Angriffe geschehen (Jahresstatistik 2021 der Opferberatungsstellen Support des RAA Sachsen e.V. am 10.03.2022). Die Corona-Pandemie bewirkte zwar einen leichten Rückgang der Angriffe, brachte aber ein neues Phänomen rechtsmotivierter Gewalt hervor: Menschen, die auf die Maskenpflicht hinwiesen, wurden auf Basis rechter Verschwörungsideologien als politische Gegner_innen konstruiert und angegriffen. Exemplarisch: Ein Restaurantbesucher beantwortet die Frage nach dem Impfnachweis mit rassistischen Beleidigungen, Bedrohungen und versuchten Schlägen.
Dass die Ideologie der „Coronaleugner-Bewegung“ tödlich enden kann, zeigen die Morde an einem Tankstellenmitarbeiter in Idar-Oberstein im September 2021 sowie an vier Familienmitgliedern im brandenburgischen Königs Wusterhausen aus antisemitischen Verschwörungsnarrativen im Dezember 2021 (vgl. Jahresstatistik 2021 des Opferperspektive e.V. am 17.03.2022).
Nancy Faeser will laut ihrem Aktionsplan die rechtsextreme Szene entwaffnen, deren Finanzen austrocknen, Onlinehass bekämpfen, Extremist_innen aus dem öffentlichen Dienst werfen und die Prävention stärken. Viele Ankündigungen, die sich an den Erfolgen messen lassen müssen. Rassismus und Antisemitismus jedoch – zentrale Ideologien rechtsextremer Gewalt und Attentate – werden in dem Papier nicht benannt und auch kein Wort zur Stärkung der Rechte von Gewaltopfern in Ermittlungsverfahren. Es geht eher darum, mehr Aufgaben den Sicherheitsbehörden zu übertragen als die Expertise der Zivilgesellschaft einzuholen.
Und das Demokratiefördergesetz? Seit über zehn Jahren engagieren sich diverse zivilgesellschaftliche Organisationen für ein solches Gesetz. Die derzeitige Förderungslogik hat zu einer fragmentierten, nicht auf Kontinuität angelegten Arbeit und zu einer „Projektitis“ geführt, ganz abgesehen von teilweise prekären Arbeitsbedingungen. Diese Praxis hat auch auf Seiten der Partner_innen, Vereine und Kommunen zu Ermüdungserscheinungen in der Arbeit geführt – und schlimmstenfalls Demokratie-verdrossenheit mit Vorschub geleistet.
Trotz Sonntagsreden konnte sich die letzte Regierung nicht auf ein Demokratiefördergesetz einigen. Ob der neue Anlauf gelingt, bleibt abzuwarten. Zum Diskussionspapier des Innen- und des Sozialministeriums konnten ca. 200 Träger eine Stellungnahme abgeben (u.a. BMB am 22.03.2022, VBRG am 23.03.2022 und ADVD am 24.03.2022). Die Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung (BAGD) fordert beispielsweise ein modernes demokratisches Selbstverständnis im Gesetz zu verankern, welches Rassismus und Antisemitismus benennt und der Realität einer Einwanderungsgesellschaft gerecht wird sowie eine dauerhafte Beteiligung der Zivilgesellschaft im Bereich der Demokratieförderung (via AAS am 22.03.2022).
Die Rückmeldungen der Akteur_innen sollen in den weiteren Prozess einfließen, Ziel ist ein Referent_innenentwurf in der ersten Jahreshälfte. Dieser muss geeint durchs Kabinett und durchs Parlament gebracht werden. Es liegt also noch viel Arbeit vor uns, es bedarf weiterhin viel Kraft und Beteiligung, aber ich bin vorsichtig optimistisch, dass das Gesetz das Licht der Welt erblicken wird.
Euer TolSax-Sprecher
Robert Kusche, RAA Sachsen e.V. | robert.kusche@raa-sachsen.de
Die Koordination erreicht ihr unter:
Antonia | redaktion@tolerantes-sachsen.de
Annegret | koordination@tolerantes-sachsen.de | 0178 54 45 807 | 03425 82 98897
Frank | buero@tolerantes-sachsen.de | 0177 466 06 51 | 03425 82 999 59
Auf unserer Website unter Koordination erfahrt Ihr, welche Mitarbeiter_in aus der TolSax-Koordination fortan für welche Eurer Fragen die richtige Ansprechperson ist.
Anmerkung: Die Einleitung spiegelt nicht die Meinung des Netzwerkes oder des Sprecher_innenrates wieder, sondern einzig der Verfasser_innen.
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