TolSax Update | Newsletter Februar 2022
Für unser #TolSaxUpdate Februar wirft Benjamin Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung einen Blick auf die Coronaproteste in Sachsen. Er warnt vor realen Gefahren und einer neuen Herausforderung für die Demokratie, gibt aber auch einen Funken Hoffnung, dass die Pandemie und ihre Folgen auch ein Antreiber für neues Engagement sein können. Und dass da in Sachsen schon einiges los ist, zeigen die vielen Stellen, Materialien und weitere Aktionen, mit denen der Newsletter auch in diesem Monat wieder befüllt ist.
Zum Februar-Newsletter
Editorial von Benjamin Winkler, Amadeu Antonio Stiftung
Liebe Mitglieder, liebe Engagierte,
Das Kulturbüro Sachsen hat vor Kurzem die Zahl der Demonstrierenden in Sachsen, die zuletzt montags gegen die Coronamaßnahmen auf die Straße gingen, auf rund 30.000 Personen geschätzt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass sich die Zahl der Teilnehmenden seit Mitte Dezember verdoppelt habe. Es scheint, als würde die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht oder die beschlossene Impfpflicht für den medizinischen Bereich den Protesten wieder neuen Aufschub geben.
Demos oder andere Aktionen gegen die Coronapolitik in Sachsen oder in anderen Bundesländern sind jedoch nicht neu. Sie gehören vielmehr zu den Begleiterscheinungen der Pandemie seit Frühjahr 2020. Es lohnt sich, einmal genauer auf das Protestgeschehen zu schauen.
Von 2020 bis heute nahmen Rechtsextreme und Reichsbürger die Coronapolitik zum Anlass, um Hass und Hetze gegen Politik oder gegen die liberale Gesellschaft zu sähen. In Sachsen schaffte es beispielsweise die rechtsextreme Kleinstpartei – Freie Sachsen – eine Art Hauptorganisator oder Multiplikator der Proteste zu werden. Zudem versorgen die Rechtsextremen aus dem Erzgebirge beziehungsweise aus der Stadt Chemnitz die Szene mit entsprechenden Demo-Utensilien. Diese Taktik der Rechtsextremen in Sachsen scheint erfolgreich zu sein. Dem Hauptkanal der Freien Sachsen folgen mittlerweile fast 150.000 Menschen. Einmal abonniert, lässt sich somit demokratiefeindliche Propaganda an Tausende Haushalte senden. Doch wer genau auf die Proteste schaut, muss auch sehen, dass nicht alle Teilnehmenden Mitglied oder Fan einer rechtsextremen oder reichsideologischen Gruppe sind. Ähnlich wie 2020 zeigt sich hier durchaus eine heterogene Mischung. Zu den Demonstrierenden gehören gleichsam Menschen, welcher der AfD oder der verschwörungsideologischen Partei – die Basis – nahestehen als auch Personen, die gar nicht wählen. Vereinzelt dürften sich auch Anhänger:innen demokratischer Parteien unter den Demo-Gänger:innen finden. Eine Gemeinsamkeit zwischen diesen Menschen besteht jedoch nicht nur in der Ablehnung der Coronamaßnahmen, auch dürfte es bei vielen um ein fest sitzendes Misstrauen gegenüber Staat, Politik, Medien und Wissenschaft gehen. Wer beispielsweise einmal begonnen hat, wissenschaftlichen Institutionen oder großen Medienhäusern zu misstrauen, ist besonders empfänglich für die Inhalte der so genannten alternativen Medien. Hier zeigt sich allerdings auch, dass es sich oftmals nicht wirklich um gesellschaftskritisch eingestellte Menschen handelt. Wer zwar der TAGESSCHAU misstraut, aber dafür (fast) jedes Wort glaubt, was der Lieblingskanal auf Telegram ausdrückt, verdeutlicht ein grundlegendes Problem. Menschen verhaften auch deswegen in Verschwörungsideologien oder Desinformationen, weil sich diese besser anfühlen, als die oftmals komplexe oder nüchterne Realität.
Erfreulich ist, dass sich in dieser neuen Protestphase auch eine richtige Gegenbewegung zeigt. In Dresden, Freiberg oder Bautzen haben Menschen begonnen, Offene Briefe oder Petitionen gegen die Coronademos zu starten. In Leipzig schafften es zuletzt Gegendemonstrierende sogar, die Coronademos zu verhindern. Eine Übersicht zu den Protesten gegen die Coronademos findet sich hier.
Es bleibt festzuhalten: Die Pandemie erfordert von uns allen viel Kraft und Anstrengung. Klar, wäre es wünschenswert, dass nun nicht auch noch eine neue Herausforderung für die Demokratie hinzukäme. Jedoch bleibt am Ende zu sagen, dass uns die demokratischen Gegenproteste Mut machen sollten, dass die Pandemie und ihre Folgen auch ein Antreiber für neues Engagement sein können.
Viele Vergnügen bei der Lektüre wünscht
Euer TolSax-Sprecher
Benjamin Winkler, Amadeu Antonio Stiftung | debunk@amadeu-antonio-stiftung.de
Die Stiftung erreicht Ihr unter
Die Koordination erreicht ihr unter:
Antonia | redaktion@tolerantes-sachsen.de
Annegret | koordination@tolerantes-sachsen.de | 0178 54 45 807 | 03425 82 98897
Frank | buero@tolerantes-sachsen.de | 0177 466 06 51 | 03425 82 999 59
Auf unserer Website unter Koordination erfahrt Ihr, welche Mitarbeiter_in aus der TolSax-Koordination fortan für welche Eurer Fragen die richtige Ansprechperson ist.
Anmerkung: Die Einleitung spiegelt nicht die Meinung des Netzwerkes oder des Sprecher_innenrates wieder, sondern einzig der Verfasser_innen.
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