TolSax Update | Newsletter Oktober 2021

Das #TolSaxUpdate Oktober erinnert an das antisemitische Attentat von Halle vor zwei Jahren. Anlässlich des Jahrestags organisiert die Initiative 9. Oktober am 9.10.2021 eine Kundgebung. In dem Aufruf heißt es: „Erinnern bedeutet Auseinandersetzung, Aufarbeitung verlangt Veränderung“. Es ist an uns, diese Slogans mit konkreten Bedeutungen und Handlungen zu füllen. Anregungen, wie das gelingen kann und viele weitere Möglichkeiten aktiven Engagements findet ihr im Newsletter.

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Editorial von Tim Hexamer und Elisabeth Fast

Liebe Mitglieder, liebe Engagierte,

am 9. Oktober wird es zwei Jahre her sein, dass ein bewaffneter Attentäter in Halle die Synagoge stürmen wollte und, nachdem das misslungen ist, zwei Menschen auf der Straße und in seinem zweiten gewählten Anschlagsziel, dem „Kiezdöner“, erschossen hat. Es war der Tag eines der höchsten jüdischen Feiertage, Jom Kippur, den die jüdische Gemeinde in Halle in den Räumen der Synagoge gemeinsam begehen wollte. Sein Ziel hat der Attentäter unmissverständlich formuliert und im Internet verbreitet: „so viele anti-Weiße zu töten wie möglich, vorzugsweise Juden“. (Quelle)

Der Täter ist mittlerweile zu einer lebenslangen Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt – psychologische Gutachten haben den Mann als voll zurechnungsfähig eingestuft. Seine Tat war geleitet von menschenverachtendem, verschwörungsideologischen Antisemitismus. Im Namen des Schutzes einer herbeiphantasierten „weißen Rasse“ sieht er seinen Auftrag darin, Menschen zu töten, die er als ungleichwertig betrachtet. Doch so sehr die Singularität dieser Tat auch herbeigeschworen wird, so bleibt dieses schreckliche Attentat eine gewaltvolle Manifestation des Antisemitismus, der als „kultureller Code“ (Quelle) die Gesellschaft durchzieht.

Antisemitismus äußert sich nicht nur im Hass gegen Juden und Jüdinnen, er schlägt sich auch im Hass gegen alles „jüdische“ – als jüdisch empfundene oder Jüdinnen und Juden zugeschriebene – wieder. Antisemitismus ist ein antimoderner Angriff auf eine progressive, offene und plurale Gesellschaft. Er verengt, verkürzt, vereinfacht – dort, wo es keine einfachen Antworten gibt, bietet er sie an; dort, wo gefragt werden muss, warum Dinge geschehen, fragt er nur danach, wer die Schuld trägt. Und: Antisemitismus trägt den Vernichtungswillen potentiell in sich, weil er einen Feind konstruiert, der an allen Übeln der Welt die Schuld trägt – und deshalb niemals „verändert“, sondern nur vernichtet werden kann.

Am diesjährigen Jom Kippur-Fest vor einigen Wochen konnte ein Attentat auf eine Synagoge in Hagen von der Polizei im letzten Moment vereitelt werden (Quelle). Rund um dieses Ereignis häufen sich Berichte von Jüdinnen und Juden, sie fühlten sich an jüdischen Feiertagen in Deutschland nicht sicher, müssen ständig Sicherheitsvorkehrungen ergreifen. Ungefähr zur gleichen Zeit kommt ans Licht, dass eine Polizistin in Sachsen-Anhalt eine innige Brieffreundschaft zu dem Attentäter von Halle geführt haben und Sympathien für den Täter gehegt haben soll. Kurz vor den Bundestagswahlen schrieben viele jüdische Einrichtungen einen gemeinsamen Aufruf, nicht die AfD zu wählen, weil diese Partei mit ihrer Politik dazu beiträgt, dass Juden und Jüdinnen sich in Deutschland noch unsicherer fühlen. Und doch: Ein Viertel der Menschen in Sachsen, die zur Wahl gegangen sind, haben sich für ebendiese Partei entschieden.

Die sächsische Landesregierung richtet eine Melde- und Beratungsstelle für Betroffene von antisemitischen Vorfällen ein – das ist ein wichtiger Schritt, um Antisemitismus in Sachsen sichtbar zu machen. Im Zuge der Proteste der Coronaleugner*innen trat dieser in verschiedenen Facetten zu Tage. RIAS legte dazu in diesem Jahr mehrere Analysen vor. Das Antisemitismus in Sachsen ein Problem darstellt, wird im RIAS Report zu Sachsen aufgezeigt.

Am 9. Oktober gedenken wir der zwei Opfer des Attentats in Halle, Jana L. und Kevin S. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer und bei den Menschen, die noch heute an den Folgen des Angriffs auf die Synagoge leiden. Anlässlich des Jahrestags organisiert die Initiative 9. Oktober am 9.10.2021 um 19 Uhr eine Kundgebung am Steintor in Halle. In dem Aufruf heißt es: „Erinnern bedeutet Auseinandersetzung, Aufarbeitung verlangt Veränderung“. Es ist an uns, diese Slogans mit konkreten Bedeutungen und Handlungen zu füllen.

Eure

Elisabeth Fast, TolSax-Sprecher_in, Amadeu Antonio Stiftung Sachsen 
Tim Hexamer, Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden und Ostsachsen

Anmerkung: Die Einleitung spiegelt nicht die Meinung des Netzwerkes oder des Sprecher_innenrates wieder, sondern einzig der Verfasser_innen.


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