TolSax Update | September 2025
Im Editorial des September-Newsletters blickt Maria Zhigljaev vom different people e.V. auf die bisherige CSD-Saison in Sachsen zurück (einige CSDs finden noch statt!). Maria schreibt: „Die diesjährige CSD-Saison neigt sich zwar dem Ende zu, aber die Arbeit vieler Engagierter geht weiter. (…) Darum wünschen wir uns Solidarität, ein Mitdenken von Queerfeindlichkeit bei anderen Trägern und Kooperationspartner_innen und vor allem viele mutige Personen, die sich gegenseitig – auch wenn es hart wird – aufbauen.“ Darüber hinaus findet Ihr im Newsletter Termine, Fördertipps und weitere Anregungen für Euer Engagement in Sachsen.
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Editorial von Maria Zhigljaev | different people e.V.
Liebe Mitglieder, liebe Engagierte,
dass queere Räume immer wieder gefährdet werden, zeigt die Geschichte des Christopher Street Days (CSD). Am 28. Juni 1969 kam es ohne Vorwarnung zu einer gewalttätigen Polizeirazzia im Stonewall Inn in New York, welche zu einem mehrtägigen Aufstand führte. Das Stonewall Inn bot einen Zufluchtsort für marginalisierte Menschen wie queere PoC, Dragqueens, Butches, Sexarbeiter_innen und wohnungslose Personen. Der Aufstand war dabei lediglich der Höhepunkt von andauernder Gewalt und Gefährdung seitens der Polizei, Politik und Gesellschaft.
Jahr für Jahr erinnern wir weltweit an den fortwährenden Kampf um die Verteidigung queeren Lebens und sicherer Orte. Wir fordern rechtlichen Schutz und Sichtbarkeit. Sei es hier in Sachsen, in Ungarn oder in den USA: Wir leben in einer Welt, die queere Menschen als Sündenböcke instrumentalisiert, Rechte einschränkt und Glaubenssätze propagiert, welche niemandem außer reichen Personengruppen nützen.
Dies verlangt nach klaren Positionierungen. Als different people e.V. machen wir nicht nur Bildungs- und Beratungsarbeit, sondern begleiten auch seit vielen Jahren CSDs in Chemnitzer Umland. Wir nehmen wahr, dass die CSDs in Sachsen zunehmend politischer werden. Weniger Party-Stimmung und ausgelassenes Feiern, mehr Plakate mit Statements und Forderungen und Kritik aus den eigenen Communities an den einzelnen Veranstaltungen. Insbesondere in den Kleinstädten.
Abseits der Veranstaltung: Leere. Zumindest in Stollberg. Die Stadt präsentierte sich desinteressiert und vorsichtig. Besucher_innen reisten v.a. von außerhalb an. Stollberger_innen äußerten Ängste davor, erkannt zu werden. Eine junge Person schilderte uns, dass sie_er sich mit der eigenen queeren Identität nie sicher in der Stadt fühle. Unter der kleinen Gegendemonstration jugendlicher Rechtsnationalist_innen habe die Person Mitschüler_innen erkannt.
In der Kulturhauptstadt Europas weigerte sich der Oberbürgermeister und Schirmherr des CSD Chemnitz, Sven Schulze, die Pride-Flagge zu hissen. Bei der Aktion einer anonymen Gruppe, die Sache in die eigenen Hände zu nehmen, wurde die Flagge nach 52 Minuten durch die Feuerwehr entfernt. Bei seiner Eröffnungsrede musste sich Sven Schulze daraufhin aufgeheizter Stimmung und Gegenprotest stellen. Trotz dessen und einem kleinen unangemeldeten Gegenprotest von etwa 15 Personen mit Reichsflaggen am Straßenrand erlebten wir die Demonstration und das anschließende Straßenfest als gleichermaßen positiv, lebhaft und kritisch.
Zum CSD Frankenberg reisten insbesondere junge Menschen, aber auch Eltern mit ihren Kindern an. Es entstanden viele wertvolle Gespräche und das Gefühl von Zusammenhalt. Besonders die Zusammenarbeit mit den anderen Initiativen und dem Organisationsteam vor Ort war wertschätzend. Auch das braucht es auf einem CSD. Trotz allem trübten die Durchsagen daran, dass Nazis in der Stadt unterwegs seien und sich nur in Gruppen bewegt werden sollte, die Atmosphäre. Immerhin durften Menschen dieses Jahr endlich Puppy-Masken tragen.
Inmitten des Polizei-Großaufgebots versammelten sich ca. 4.300 Personen auf dem CSD Bautzen. Der rechte Mob trat erneut aggressiv gegen einen vermeintlichen Genderwahn auf. Doch es gab Solidarität aus ganz Deutschland. Und ja, sogar von Kraftklub.
Die diesjährige CSD-Saison neigt sich zwar dem Ende zu, aber die Arbeit vieler Engagierter geht weiter. Umso wichtiger ist es gerade jetzt, nicht aufzugeben, in den eigenen Communities aktiv zu werden und lokale demokratische Strukturen zu stärken. Doch das ist kräftezehrend. Insbesondere für diejenigen, deren politische Arbeit nicht bereits nach Feierabend beendet ist, sondern aufgrund (mehrfacher) Diskriminierung weit in das Privatleben reicht.
Darum wünschen wir uns Solidarität, ein Mitdenken von Queerfeindlichkeit bei anderen Trägern und Kooperationspartner_innen und vor allem viele mutige Personen, die sich gegenseitig – auch wenn es hart wird – aufbauen. Für heute, für morgen und eigentlich auch für gestern. Viel Spaß bei der Lektüre des September-Newsletters wünscht
Maria Zhigljaev | different people e.V. | info@different-people.de
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Auf unserer Website unter Koordination erfahrt Ihr, welche Mitarbeiter_in aus der TolSax-Koordination für welche Eurer Fragen die richtige Ansprechperson ist.
Anmerkung: Die Einleitung spiegelt nicht die Meinung des Netzwerkes oder des Sprecher_innenrates wieder, sondern einzig der Verfasser_innen.

