Pressemitteilung des tvBUNT „Mehr Stoff, weniger Substanz“
Autor_innen: tvBUNT
tvBUNT kritisiert Beflaggungsinitiative des Landkreises Bautzen als politisch folgenloses Schaufenster
Mit deutlicher Kritik reagiert das Netzwerk tvBUNT auf den geplanten Beschluss des Landkreises Bautzen, Verwaltungsgebäude und Schulen künftig ganzjährig mit Bundes-, Landes- und Sorbenflaggen zu beflaggen. Die Maßnahme, die am 23. Juni im Kreistag verabschiedet werden soll, wird von der Verwaltung als Zeichen für Identität, Vielfalt und Zusammenhalt präsentiert.
„Was hier als kulturelles Bekenntnis inszeniert wird, ersetzt keine Verantwortung“, erklärt Maren Düsberg als Sprecherin vom tvBUNT. „Während man im Landkreis Bautzen feierlich Fahnen hisst, hat man gleichzeitig die Ausländerbeauftragte abgeschafft, das Bundesprogramm ‚Partnerschaften für Demokratie‘ abgesetzt und zentrale Strukturen politischer Bildung gekappt. Die Flaggen sollen wehen um zu verdecken was fehlt.“
Besonders deutlich wird das bei der Lage junger Menschen im ländlichen Raum. In einem Flächenlandkreis wie Bautzen, in dem viele Jugendliche in strukturschwachen Gegenden leben, bräuchte es verlässliche Jugendsozialarbeit, mobile Bildungsangebote und demokratiestärkende Initiativen. Stattdessen wird öffentlichkeitswirksam beflaggt – für 80.000 Euro – während das Aus für die Partnerschaft für Demokratie dem Landkreis rund 1,6 Millionen Euro Fördermittelverlust beschert hat.
Vor diesem Hintergrund drängt sich eine zentrale Frage auf: Wie ist diese geplante Mehrausgabe für Fahnen und Masten mit dem eigenen haushaltspolitischen Argument vereinbar, wonach die genannten Programme und Stellen gestrichen werden mussten, um dem Kreistagsbeschluss zur Haushaltsdisziplin Folge zu leisten? Wenn demokratische Infrastruktur angeblich zu teuer ist, wie lässt sich dann die Finanzierung einer rein symbolischen Maßnahme rechtfertigen?
Ebenso stellt sich die Frage, wie viele Arbeitsstunden in der Landkreisverwaltung für die detaillierte Analyse der bestehenden Beflaggungssituation, die Erhebung fehlender Masten und die Kostenkalkulation dieser Maßnahme aufgewendet wurden – und wie diese ins Verhältnis gesetzt werden zu den Ressourcen, die man gebraucht hätte, um eine halbe Stelle für die Koordination der Partnerschaft für Demokratie aufrechtzuerhalten. Die Verwaltung zeigt hier sehr deutlich, wo Prioritäten gesetzt werden – und wo nicht.
„Ein sichtbares Bekenntnis zur sorbischen Kultur ist grundsätzlich richtig und wichtig“, so tvBUNT weiter. „Aber es verliert an Glaubwürdigkeit, wenn gleichzeitig die Strukturen abgebaut werden, die Vielfalt erfahrbar machen, Bildung fördern und konkrete Unterstützung im Alltag bieten – gerade in einer Zeit, in der sorbische Menschen vermehrt Ziel von Anfeindungen sind und kaum auf institutionellen Rückhalt zählen können.“
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