WIE GEHT’S der außerschulischen politischen Bildung in Sachsen?

Autor_Innen: John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (JoDDiD)

Die Studienergebnisse werden am 07. Juni um 13:00 Uhr in einer digitalen Videokonferenz öffentlich vorgestellt (Hier geht es zu zoom). Alle Interessierten sowie Pressevertreter:innen sind dazu herzlich eingeladen. Nach der Vorstellung der Studienergebnisse und daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen besteht die Möglichkeit, Rückfragen an die Autor:innen zu stellen und die Erkenntnisse gemeinsam zu diskutieren.

Ergebnisse 

Das Ziel der an der Technischen Universität Dresden Anfang 2021 neu gegründeten John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (JoDDiD) ist die Stärkung der außerschulischen politischen Jugend- und Erwachsenenbildung in Sachsen. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf die Begleitung bestehender Bildungsangebote und -träger:innen, diese qualitativ fortzubilden und als Anlaufstelle für innovative Bildungsvorhaben, für Wissenstransfer zwischen formaler und non-formaler Bildung und für didaktische Beratung laufender Projekte zur Verfügung zu stehen. Um diesem Auftrag gerecht zu werden war es notwendig, ausreichende Informationen über das Feld der sächsischen Bildner:innen, über ihre aktuellen Herausforderungen und Wünsche, aber auch ihre biographischen Hintergründe und Voraussetzungen zu erfahren. Die Ergebnisse einer zu diesem Zweck veranlassten Online-Befragung mit mehr als achtzig Mitarbeiter:innen von Träger:innen, die in Sachsen politische Bildungsangebote unterbreiten, werden im Folgenden dargelegt und zur Diskussion gestellt. 

Auch wenn es sich bei dieser Erhebung um eine explorative und keine repräsentative Studie handelt, liefern die Rückmeldungen von mehr als 80 Aktiven aus diesem Handlungsfeld doch einen wertvollen und aussagekräftigen Eindruck und mehr als bloße Ansätze zur weiteren und tiefgreifenden Auseinandersetzung.

  • Mitarbeiter:innen in der außerschulischen politischen Bildung beginnen ihre Tätigkeit in der Regel ohne didaktische und eher selten mit pädagogischer Ausbildung.
  • Die Karrierewege außerschulischer politischer Bildner:innen sind vielfältig und es gibt keine „typischen“ Berufsbiographien.
  • Außerschulische Bildner:innen wünschen sich didaktische und pädagogische Reflexion, Qualifizierung und Professionalisierung. Sie formulieren dabei konkrete Bedarfe.
  • Praktiker:innen der außerschulischen politischen Bildung verfügen über bewährte Erfahrungen aus bereits umgesetzten politischen Bildungsprojekten. Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass es einen erhöhten Bedarf an Systematisierung und Einordnung des Wissens gibt sowie ein Bedarf nach Selbstversicherung der Wirksamkeit eigener Arbeit besteht.
  • Mitarbeiter:innen in der außerschulischen politischen Bildung und deren Angebote sind zum Teil massiven Angriffen, Störungen sowie Anfeindungen ausgesetzt.
  • Die Angriffe führen bei Betroffenen nicht nur zu Sorgen um das politische Klima in Sachsen, sondern auch zu einer veränderten Arbeitsweise der Bildner:innen.
  • Prekäre Arbeitsbedingungen sowie institutionelle Zwänge werden als große Herausforderungen im beruflichen Wirken beschrieben.
  • Mitarbeiter:innen in der außerschulischen politischen Bildung fühlen sich für ihre Arbeit zu wenig wertgeschätzt und sind teilweise frustriert.
  • Die Corona-Pandemie stellt eine zusätzliche Herausforderung für die außerschulische politische Bildung dar, die weiterführende Bedarfe nach sich zieht.
  • Die Schule als formale Institution der politischen Bildung bildet für die Befragten einen wichtigen, wenngleich ambivalenten Bezugspunkt. An ihr werden sowohl Angebote ausgerichtet („Schule als Kooperationspartnerin“) als auch explizite Abgrenzungsstrategien verfolgt („Schule als Gegeninstitution“).
  • Innerhalb der Gruppe der Befragten wird politische Bildung entlang von Zielgruppenkonzepten geplant, gedacht und umgesetzt. Weitere didaktische Konzepte wie beispielsweise Aktualität, Orte oder Inhalte spielen weniger eine Rolle.
Ausgewählte Zitate von Befragten der Explorationsstudie "Wie geht's der außerschulischen Bildung in Sachsen"

Zusammenfassung

Die vorliegende Studie zur ersten Exploration des Feldes der außerschulischen politischen Bildner:innen in Sachsen gibt zahlreiche Hinweise auf die Konstitution des Feldes, die bestehenden Herausforderungen, Bedarfe und Entwicklungspotentiale.

Es konnte festgehalten werden, dass die Befragten sehr diverse Ausbildungshintergründe und Berufsbiographien aufweisen. Obgleich sie sich umfangreiches und einschlägiges Praxiswissen angeeignet haben, formulieren so gleichsam konkrete didaktische Qualifikationsbedarfe. Dazu gehören u.a. der Umgang mit diversen Zielgruppen, aber auch die Entwicklung digitaler Formate vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie. Mit entsprechenden Erhebungsinstrumenten weiter nachgegangen werden muss der These, dass es einen Bedarf zur Entwicklung von reflexiv-theoretischen Kompetenzen und den praxisrelevanten Implementationsfähigkeiten gibt. In diesem Kontext könnten auch Kenntnisse zur Entwicklung einer gemeinsamen Professionsidentität und dessen Implikationen auf praktisches Handeln vertieft werden.

Daneben konnten die Herausforderungen der sächsischen Bildner:innenlandschaft skizziert werden. Vor allem die zeitlich begrenzte Projektfinanzierung scheint zahlreiche negative Folgen zu haben. Neben dem individuellen Druck durch prekäre Arbeitsbedingungen in teils atypischen Beschäftigungsverhältnissen bleibt durch administrative Aufgaben weniger Zeit für die qualitative Ausgestaltung der Angebote. Es zeichnet sich ein größeres Problem ab, qualifiziertes Personal für Bildungsangebote zu finden und es hat sich ein kollektiver Rechtfertigungs- und Erfolgsdruck entwickelt. Dies scheint einer der Gründe zu sein, warum die Befragten an verschiedensten Stellen deutlich machen, dass sie sich für ihre Arbeit wenig wertgeschätzt fühlen und unter den eigenen Arbeitsbedingungen frustriert sind. Hier besteht vor allem politischer Handlungsbedarf, die außerschulische politische Bildungsarbeit anders und langfristiger zu finanzieren.

Besorgniserregend scheinen die Hinweise darauf, dass die befragten Bildner:innen in Sachsen Angriffen verschiedenster Formen ausgesetzt sind und sich gleichzeitig große Sorgen um das politische Klima im Freistaat machen. Das Ausmaß der Angriffe reicht von Störungen und Wortergreifungen in einzelnen Veranstaltungen bis hin zu physischen Angriffen und persönlichen Morddrohungen. Hier braucht es nicht nur entsprechende Unterstützungsstrukturen, sondern auch gezielte Folgeforschung, um die hier angedeuteten Hinweise auf die negativen Konsequenzen für die politische Bildungsarbeit genauer zu untersuchen. Aufgrund der Breite der Studie und einiger methodischer Fallstricke bei der Itemerstellung und -formulierung (siehe Einleitung) müssen die hinweisartigen Erkenntnisse als Anhaltspunkte für vertiefte Auseinandersetzungen und anschließenden Forschungsarbeiten verstanden werden.

Obwohl es sich bei der vorliegenden Studie aber um eine pilotartige Feldexploration handelt, verdichten sich die Hinweise auf einen bestehenden Bedarf an Qualifikation, Beratung sowie Anerkennung und Sicherheit im Feld der außerschulischen politischen Bildung in Sachsen.

Download der Studie

Anhang

Medienbeiträge zur Feldexploration

Weitere Informationen hier

Redaktion TolSax

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