10 Jahre Brandanschlag in Meißen – Biedermänner und Brandstifter

Autor_innen: Buntes Meißen – Bündnis Zivilcourage e.V.

Es geschah vor 10 Jahren – da brannte in der Nacht vom 26. zum 27. 6. ein Haus in der Meißner Rauhentalstraße 14. Es war vom Eigentümer, dem Bauunternehmer Ingolf Brumm, für die Unterbringung von asylsuchenden Menschen frisch saniert worden. Mit dem Landratsamt war vereinbart, dass hier geflüchtete Menschen dezentral aufgenommen werden, um sie besser integrieren zu können. Die Betreuung sollte die Diakonie übernehmen. Aber es gab Nachbarn, die auf kriminellem Wege in dieses Haus eindrangen, eine Wohnung aufbrachen und dort Feuer legten. In ihren Kreisen galt es als heldenhaft, sich gegen hilflose Flüchtlinge zu stellen, von denen man sich täglich neue verlogene Schauergeschichten erzählte.

Schauerlich aber war die Tat: Die Wohnung brannte lichterloh, die Täter nahmen neben der Schädigung des Hauses billigend in Kauf, dass durch Brand und Rauch Mieter im voll bewohnten Nachbarhaus hätten im Schlaf sterben können. Nach der großen Löschaktion sahen sich die Täter ermuntert, das Haus Tage später auch noch unter Wasser zu setzen. Wäre ihnen das gelungen, hätte das für das Bauunternehmen das Ende bedeutet: 80 Mitarbeiter der Fa. Brumm – Bau wären arbeitslos geworden. Aber in ihrer trüben Gefolgschaft wären die Täter gefeiert worden. Erschreckend waren auch die Äußerungen mancher Nachbarn, die gar nicht auf die Idee kamen, dass man keine Häuser anzündet, sondern sich als besorgte Biedermänner nur über „die Flüchtlinge“ beschwerten.

Baumeister Brumm hat dagegen die unterstützt, die sich für eine menschliche Aufnahme von Geflüchteten engagierten: er hat die Brandwohnung nochmals saniert und uns als „Buntes Meißen“ dort einziehen lassen, damit wir einen ständigen Arbeits – und Versammlungsort für unsere ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer haben. Hier konnten wir Sprachkurse durchführen, Einzelfallhilfen realisieren und die Hilfswilligen vernetzen. Die Spuren der Brandstifter waren und sind immer noch sichtbar. Gott sei Dank gab es eine große Menge gutwilliger Menschen, die in der Triebischtaler Lutherkirche zusammenkamen und berieten, wie sie sich ehrenamtlich auf den verschiedensten Wegen für die Not der Geflüchteten einsetzen könnten. Nach den ersten Spendenaktionen konnten wir Patenschaften aufbauen, entwickelten die Idee des Internationalen Gartens, gaben dem Atelier Frauenvielfalt in der Rauhentalstraße 14 Raum und konnten uns nach unseren Möglichkeiten der großen Aufgabe der Integration im Verbund mit Diakonie und Fachämtern widmen.

Nach zehn Jahren erinnern wir uns der Brandstiftung, erinnern wir uns der Todesdrohung, die gegen 8 von uns namentlich in einem anonymen Schreiben ausgesprochen wurde, erinnern wir uns, dass damals wie auch heute fremdenfeindlich gehetzt und schamlos gelogen wird. Aber wir erinnern uns auch der selbstlosen Unterstützung durch Baumeister Brumm, den wir viel zu früh beerdigen mussten. Ich bin dankbar für seinen Einsatz – und ich denke an ihn und all die anderen, die geholfen haben, dass mutige Meißner der Fratze der Fremdenfeindlichkeit und Zerstörung ein menschenfreundliches Gesicht und kompetente Hilfsinitiativen entgegengesetzt haben. Wie vielen konnten wir in den vergangenen Jahren helfen, sich ins Arbeitsleben und in den städtischen Alltag zu integrieren. Die Aufgabe bleibt groß. Die Brandstifter sind und bleiben gefährlich – wie auch die Biedermänner, die sie unterstützen, obwohl sie wissen müssten, dass man keine Häuser anzünden darf.

Bernd Oehler – Vorsitzender Buntes Meißen – Bündnis Zivilcourage e.V.

Im September 2025 findet dazu eine Podiumsdiskussion statt:
„10 Jahre Brandanschlag in Meißen – 10 Jahre Wirken von Buntes Meißen“
Wir blicken zurück, ziehen Bilanz und diskutieren Perspektiven für eine offene und solidarische Stadtgesellschaft.

Weitere Informationen folgen in Kürze.

Weitere Informationen

Buntes Meißen – Bündnis Zivilcourage e.V.

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