Bei der LAG politisch-kulturelle Bildung Sachsen e.V. (PokuBi)

Für Rassismuskritik und Demokratieentwicklung sensibilisieren – die Weiterbildungsangebote von PokuBi

Seit zehn Jahren bietet die LAG politisch-kulturelle Bildung Sachsen e.V. (PokuBi) Fortbildungen im Themenfeld Neonazismus, Rassismus, Migration, Flucht und Asyl, Demokratie. Ihre Zielgruppe ist breit gefächert: Multiplikator_innen wie Sozialarbeiter_innen, Lehrende, Mitarbeitende in Verwaltung, Polizei und Rettungskräften oder auch ehrenamtlich Engagierte. Dabei wird Rassismus als komplexes System verstanden, dass auf vielen Ebenen in der Gesellschaft wirksam ist:

Die individuelle Ebene

„Rassismus – das hat doch nichts mit mir zu tun.“ Solche persönlichen Haltungen begegnen PokuBi häufig, so Kerstin Knye, Trainer_in und Koordinatorin. Wichtiger Bestandteil der Seminare ist daher die kritische Selbstreflextion der Teilnehmenden – der Blick nach Innen, auf das eigene verinnerlichte „rassistische Wissen“.

Besondere Beachtung findet in den Seminaren die Perspektiven von Menschen, die selbst Rassismuserfahrungen gemacht haben. Für sie bietet der Verein zudem Empowermenttrainings, die individuell auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden abgestimmt werden.

Die strukturelle Ebene

Das Team möchte aber auch aufzeigen, dass Rassismus strukturell bedingt ist: Rechtliche Ungleichbehandlung oder diskriminierende Regelungen und Handlungspraktiken in Institutionen müssen thematisiert und verändert werden.

Da diese Bewusstwerdung Raum und Zeit brauchen, bietet PokuBi auch mehrtägige Weiterbildungen und Intensivseminare an.

Mit Koordinatorin Kerstin Knye sprachen wir über neue Seminare und Probleme mit Förderprogrammen, die die inhaltliche Arbeit beeinträchtigen.

Im Gespräch mit … Kerstin Knye von PokuBi

Neue Entwickungen

Schon seit vielen Jahre bearbeitet PokuBi das Thema Deutschland als Migrationsgesellschaft. Auf die Ereignisse seit dem Sommer 2015 reagierten die Trainer*innen mit zwei neuen Seminaren: Geflüchtete in Sachsen vermittelt Hintergrundwissen zu Fluchtgründen und Migration mit Handlungsmöglichkeiten für eine solidarische Gesellschaft. Speziell für Menschen, die haupt- oder ehrenamtlich mit Asylsuchenden arbeiten (wollen), wurde ein Seminar zum reflektierten Engagement in der Arbeit mit Geflüchteten entwickelt.

Herausforderungen

Im Rahmen der Seminare kann PokuBi die Multiplikator_innen sensibilisieren – und sie bei der Entwicklung von Gegenstrategien unterstützen. Zurück im Alltag oder Beruf sehen sie sich jedoch bei der Umsetzung mit Problemen konfrontiert. Keine Ressourcen, fest eingespielte Strukturen, ein fehlendes Problembewusstsein bei den Mitmenschen, und manchmal mangelt es schlicht an Zeit, um rassistische Handlungsmuster zu thematisieren und ihnen entgegenzuwirken.

Dass ihre Arbeit nicht nach den Seminaren aufhört – sondern die Multiplikator_innen beim Abbau von Diskriminierung in ihren Institutionen weiter begleitet werden sollten – dafür setzt sich pokuBi ein.

Wünsche an das Netzwerk Tolerantes Sachsen?

Vereine wie PokuBi arbeiten mit viel ehrenamtlichem Engagement: die inhaltliche Vorbereitung der Seminare, die eigene Weiterbildung, die basisdemokratische Kommunikation – das alles leisten die Trainer_innen selbstständig. Nur für die Seminartage erhalten sie Honorare. Koordination, Öffentlichkeitsarbeit, Abrechungen und Anträge – das alles wird durch eine 14-Stunden-Stelle geleistet. Wie viele Vereine ist PokuBi auf Förderung angewiesen. Die größten Herausforderungen sieht Kerstin Knye daher in diesem Bereich.

Drei Anregungen für die Lobbyarbeit:

Transparenz bei den Fördermittelstellen des Landes

1) Klare Zuständigkeiten – Transparente Prozesse

Gerade bei Anträgen für Landesmittel besteht häufig Verunsicherung, welche Stelle die richtige Ansprechperson für einen Bearbeitungsschritt ist, so Kerstin Knye. Eine Offenlegung des Prozesses und klare Zuständigkeiten der einzelnen Behörden könnte den Vereinen helfen: Gezielt Anfragen stellen und verlässliche Absprachen treffen – anstatt sich im Bürokratiedschungel zu verlieren. So bleibt auch mehr Zeit für die eigentliche, die inhaltliche Arbeit.

2) Informationen zum Stand der Antragsbearbeitung

Eins der neuen PokuBi-Projekte sollte im Januar 2016 beginnen. Den Förderbescheid erhielten sie aber zwei Monate später – mit grundlegenden Änderungswünschen der Förderstelle. So grundlegend, dass eine Umsetzung des Projektes von pokuBi aus nicht mehr durchführbar war. Dazwischen keine Information, trotz vorzeitigem Maßnahmebeginn. Das Resultat: Unsicherheit und ein Risiko für den Verein – wie auch seinen Kooperationspartner. „Wenn wir frühzeitig informiert würden, dass ein Antrag angepasst werden muss, dass ein Projekt erst später im Jahr Förderung bekommt, dass würde uns bei der Planung schon helfen,“ so Knye.

Flexible Eigenmittel

Bei Projektanträgen müssen Vereine zumeist 10 Prozent der Fördersumme selbst aufbringen. Ein kleiner Verein wie PokuBi verfügt weder über Eigenkapital – noch über Möglichkeiten, Rücklagen zu erwirtschaften. Er kann jedoch Drittmittel oder Teilnahmegebühren einnehmen. Diese Quellen sollten in allen Förderprogrammen des Landes als Eigenmittel anerkannt werden. Andernfalls können Projekte nicht umgesetzet werden – oder die Vereine stehen ganz vor dem Aus.

Themenideen für Regionaltreffen TolSax Konkret

Rassismus erkennen – und gegenwirken

Sachsens Gesellschaft wird vielfältiger durch die neu Angekommenen – in Schulen, im Beruf und im Alltag. Und das Thema Rassismus wird präsenter. Ihre Erfahrung und Methoden zur Sensibilisierung teilt pokuBi bei Interesse gerne in Form eines Input bei einem Regionaltreffen.

Kontakt

LAG politisch-kulturelle Bildung Sachsen e.V. (PokuBi)

Ansprechperson: Kerstin KnyeWettiner Platz 9
01067 Dresden


Tel: 01575-18 54 090 (Mi 10.00 – 14.00 Uhr; Do 14.00 – 18.00, sonst AB)
E-mail: kontakt@pokubi-sachsen.de
Web: http://www.pokubi-sachsen.de(22.06.2016)


Das Interview wurde im Rahmen unserer TolSaxOnTour (2016 und 2017) geführt. Zur Übersicht der Stationen

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