TolSax vor Ort | Zu Gast beim Solidarische Alternativen für Taucha e.V. (SAfT)

Die Corona-Pandemie hat die Aktvitäten der jungen Initiative SAfT aus Taucha in Nordsachsen etwas ausgebremst. Mit einer Wanderausstellung samt Rahmenprogramm zum Thema Konzentrationslager und Zwangsarbeit melden sie sich gerade eindrucksvoll zurück. Wir waren vor Ort bei unserem Mitglied Solidarische Alternativen für Taucha e.V.

An einem Freitagabend im Herbst 2021 hat sich eine Hand voll Menschen um eine Feuerschale im Hof des Rittergutschlosses in Taucha bei Leipzig versammelt. Sie gehören zu SAfT. Die Abkürzung steht für „Solidarische Alternativen für Taucha“. Die Initiative setzt sich seit 2019 für eine „l(i)ebenswerte Stadt“ und eine offene Gesellschaft ein. Gerade haben sie die Wanderausstellung #StolenMemory der Arolen Archives nach Taucha geholt. Dieses International Center on Nazi Persecution aus dem nordhessischen Bad Arolsen verfügt über ein umfassendes Archiv mit Daten zu Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Viele davon sind bereits online zugänglich. Davon hat die Historikerin Ramona Bräu eben bei der Auftaktveranstaltung zur Ausstellung in der Kulturscheune des Schlosses berichtet.

Mit knapp 30 Gästen unterschiedlichen Alters war der Vortrag gut besucht. Nur aus der Stadtverwaltung und aus der Kommunalpolitik ist zum Auftakt niemand gekommen, wird in der Runde bedauert. Vielleicht passiert das ja noch bei den nächsten Veranstaltungen im Rahmenprogramm. Die Ausstellung selbst kann noch bis 20. Oktober auf dem Tauchaer Markt besichtigt werden. Der grellbunte Übersee-Container mit ausklappbaren Wänden hat schon bei seiner Ankunft in der vergangenen Woche interessierte Blicke auf sich gezogen und wird rege besucht, u.a. von Schulklassen.

Für ein #SolidarischesTaucha!

Am Feuer erzählen die „Saftis“ danach von ihrem vielfältigen ehrenamtlichen Engagement. Konkreter Anlass für die Gründung der Initiative Anfang 2019 war eine gestiegene Anzahl an rechtsgerichteten und den Nationalsozialismus verherrlichenden Schmierereien und Aufklebern im öffentlichen Raum. Dazu kamen Pöbeleien und Drohungen gegen einzelne Menschen, die als nicht-rechts oder alternativ wahrgenommen werden. Inzwischen haben die rund zwölf Aktiven schon eine Menge auf die Beine gestellt, um die Verhältnisse in ihrer Stadt zu verbessern.

Seit Anfang 2020 ist die Initiative ein eingetragener Verein. Es gab einen „Aktionstag für ein solidarisches Taucha“ auf dem Markt, Diskussionen zum Thema menschenrechtsorientierte Jugendarbeit, Veranstaltungen zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, eine Protestkundgebung mit dem Motto „Hetze ist keine Alternative“ anlässlich einer Parteiveranstaltung in einer Schule, Filmvorführungen für Jugendliche in Kooperation mit dem Landesfilmdienst Sachsen und Projekttage in Kooperation mit der feministischen Bibliothek MONAliesA aus Leipzig. Die Initiative wirkt beim „Runden Tisch Taucha“ aus verschiedenen haupt- und ehrenamtlichen Akteur_innen mit, der Ende 2019 das Positionspapier „Ein demokratisches und solidarisches Gemeinwesen gestalten“ vorgelegt und bei einer Veranstaltung vorgestellt hat. Eine Kampagne mit dem Motto #SolidarischesTaucha soll diesen Gedanken in der Stadt sichtbar machen. Ein besonderes Markenzeichen von SAfT sind die Bio-Apfelsaft-Flaschen mit dem Logo des Vereins, die es bei allen Veranstaltungen am Infostand gibt.

Die Corona-Pandemie hat die öffentlichen Aktivitäten des Vereins wie überall etwas ausgebremst. Die Vereinsmitglieder treffen sich weiterhin alle zwei Wochen, um neue Ideen zu spinnen und Veranstaltungen zu planen. Dafür steht ihnen auch ein kleines Büro zur Verfügung. Ein großes Ziel ist die Schaffung eines sozialen Zentrums für selbstorganisierte Kultur-, Beratungs- und Mitmachangebote (siehe dazu diesen Offenen Brief vom 13.10.2021). SAfT ist in Taucha und darüber hinaus bereits ziemlich gut vernetzt, zu den regelmäßigen Kooperationspartner_innen gehören u.a. der Heimatverein, der Jugendclub, das Jugendparlament, Schulsozialarbeiter_innen, die Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig, die Bürgerinitiative „Kleinzschocher wird bunt“ aus Leipzig oder das Kulturbüro Sachsen. Finanziell unterstützt werden die Projekte u.a. vom Netzwerk Polylux und dem Verein Land in Sicht sowie verschiedenen Stiftungen.

Taucha als Ort der NS-Zwangsarbeit

Die #StolenMemory-Ausstellung ist nun – nach einem Medien-Workshop mit der MONAliesA im Juni – die erste größere Veranstaltung von SAfT in diesem Jahr. Im Rahmen dieser Kampagne bemühen sich die Arolsen Archives seit 2016 um die Rückgabe von persönlichen Gegenständen ehemaliger KZ-Häftlinge, darunter Uhren, Schmuck, Brieftaschen und Fotos, an die Hinterbliebenen. Das ist bereits in über 500 Fällen gelungen. Um auf die Kampagne aufmerksam zu machen, touren inzwischen mehrere Überseecontainer als mobile Ausstellung mit sehr persönlichen Geschichten durch Deutschland und weitere Länder.

Die Aktiven von SAfT hatten schon vor einiger Zeit die Idee, die Wanderausstellung nach Taucha zu holen. Mit einem Außenlager des KZ Buchenwald war die Stadt im Nationalsozialismus schließlich ein wichtiger Ort der Rüstungsindustrie. Vor allem Frauen mussten in der Betrieben der Hugo-Schneider-Aktiengesellschaft (HASAG) und der Mitteldeutschen Motorenwerken (MIMO) in Taucha schuften. Zu diesem Thema gibt es am Donnerstag (14.10.) um 18 Uhr in der Kulturscheine einen Vortrag der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig. Am Sonnabend findet ab 14 Uhr ein Radtour zu Orten der NS-Zwangsarbeit in Taucha statt (Infos zum gesamten Programm auf der Homepage von SAfT.)

Anfeindungen und Diffamierungen

Bei Facebook hat die Ankündigung der Ausstellung auf einem Lokal-Blog bereits eine rege „Diskussion“ ausgelöst. Ein „ganz linker Verein“ würde gegen Rechts kämpfen, um „von sich abzulenken“, ist da zu lesen. Auch wird gemutmaßt, dass es sich bei der lange geplanten Aktion um eine Reaktion auf den Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl handele. Die Saftis können angesichts solcher Unterstellungen nur mit dem Kopf schütteln. Immerhin sind die Anfeindungen im öffentlichen Raum in letzter Zeit etwas zurückgegangen.

Allerdings wurde im Mai diesen Jahres ein Vereinsmitglied auf Zetteln mit vollem Namen und Adresse „geoutet“ und als „Linksterrorist“ diffamiert. Diese Zettel wurden nicht nur in Taucha, sondern auch in Leipzig und weiteren Orten in der Nähe verteilt (siehe PM von SAfT und chronik.LE vom 15.05.2021). Sorge bereitet zudem die Eröffnung eines rechten Kampfsport-Gyms durch das sogenannte „Imperium Fight Team“ im vergangenen Herbst.

Einschüchtern lassen wollen sich die Aktiven davon aber nicht. Sie hoffen stattdessen, bald wieder mit Filmvorführungen und anderen Veranstaltungen loslegen zu können. Dazu laden sie gern auch Interessierte aus anderen Orten im Landkreis Nordsachsen sowie Leipzig ein. Taucha liegt schließlich in unmittelbarer Nähe der Großstadt und ist von dort aus sogar mit der Straßenbahn zu erreichen. Leichter wird es einem selten gemacht, der Aufforderung „Support Your Hinterland“ gerecht zu werden!

Kontakt

SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha
Graßdorfer Str. 13
04425 Taucha

Web: saft-taucha.org

Mail: info@saft-taucha.org

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