Beim KIB in Zwickau

Mit Kreativität gegen Gewalt und Süchte – der Beratungsraum des KIB.

Getragen von der Ev.-Luth. Christophoruskirche Zwickau-Eckersbach bietet das Kontakt- und Informationsbüro für präventive Kinder- und Jugendarbeit im Landkreis Zwickau (KIB) Projekttage für Schulen, Vereine und sonstige soziale Einrichtungen sowie individuelle Beratung zu den drei großen Themenfeldern Gewalt, Religion und Sucht.

Gegen Mobbing

Die Anti-Mobbing-Arbeit des Projektes richtet sich an alle Altersgruppen – von der Grundschule bis zum Gymnasium. Eltern, Opfer, Täter – aber auch alle anderen Schüler_innen und Lehrende sollen einbezogen werden, um gemeinsam für das Thema zu sensibilisieren und Auswege aus dem Mobbing aufzuzeigen. Für Kinder im Alter von 5 bis 9 Jahren wurde das Kniebuch „Zoff auf der Waldwiese“ entwickelt, das auch ausleihbar ist. Über dieses Medium wird mit Hilfe der Bilder und der Geschichte Mobbing kindgerecht aufgearbeitet.

Toleranz statt Gewalt

Mobbing und Gewalt kann vorgebeugt werden. So unterstützt das Projekt soziale Einrichtungen mit Präventionsverantstaltungen zu Mediation und Konfliktmanagement. In diesen Bereich können auch Elemente der märchenpädagogischen Arbeit einfließen. So ermöglicht beispielsweise die Imagination mit den Protagonisten den Zuhörern, eigene kreative Konfliktlösungsstrategien zu entwickeln. Des Weiteren bietet das KIB eine breit gefächerte interkulturelle Arbeit an. Gerade für die Klassenstufen 1 bis 6 wurde die „Werkstatt Afrika“ mit verschiedenen Modulen entwickelt, die eine Kombination aus kognitiven und kreativen Elementen beinhalten.

Aufklärung statt ‚Sekten‘

Religion bietet Halt in unsicheren Zeiten. Doch manche religiöse Gemeinschaften üben einen starken Druck auf die einzelnen Mitglieder aus und greifen nachhaltig in deren Persönlichkeit ein. Das KIB klärt auf und bietet Betroffenen Beratung.

Positive Erlebnisse statt Sucht

Nicht nur Drogen können süchtig machen – auch Handies, Computerspiele oder andere Konsumgüter verändern Menschen. Unter bestimmten Umständen führt das zu Verhaltensmustern, die auch in der Suchprävention angesprochen werden müssen. Elemente der märchenpädagogischen Arbeit eignen sich besonders als Zugang zum Thema für jüngere Klassen. Für den Grundschulbereich hat das KIB außerdem den Nikotinparcours entwickelt, der ebenfalls ausleihbar ist. Dahinter verbirgt sich ein Stationsbetrieb, mit dem sich die Schüler_innen mit dem Thema Nichtrauchen und Rauchen spielerisch auseinander setzen können.

Neben diesen grundständigen Angeboten beteiligen sich die Sozialpädagoginnen des KIB auch an öffentlichen Familienaktionstagen im gesamten Landkreis oder an Projekten der Jugendämter, z.B. „Starke Kids“ oder an der Kinderspielstadt „MiniZwickau“. Des Weiteren finden in Zusammenarbeit mit der freischaffenden Künstlerin Annette Fritzsch aus Auerbach Kunstprojekte für Kinder in den Räumlichkeiten statt. Für Pädagogen sowie alle interessierten Erwachsenen finden alle zwei Monate Origami-Stammtische statt. Diese Treffen dienen dem Austausch untereinander, dem Kennenlernen neuer Faltmodelle und dem Training der eigenen Fähigkeiten.

Weiterhin steht allen Interessierten die gut sortierte Fachbibliothek mit ca. 1000 Titeln zur Verfügung. Fachbücher zu den Arbeitsschwerpunkten sowie Methodenwerke und Praxisratgeber können kostenlos ausgeliehen werden.

Sozialpädagogin Janine Seifert berichtete uns von ihrer Arbeit – und warum sie sich von Kommune und Land eine bessere Informationspolitik wünscht.

Im Gespräch mit …Janine Seifert vom KIB Zwickau

Die jüngsten Entwicklungen?

Die kleine Morsal grüßt durch das Fenster des Gemeindezentrums. Sie freut sich, gleich ist wieder Deutschkurs. Seit 2015 gibt es im Stadtteil Eckersbach zwei große Wohnprojekte für Flüchtlinge und Asylsuchende. Für die Christophoruskirchgemeinde war von Anfang an klar, dass sie sich in die Integrationsarbeit vor Ort einbringen möchte. Gut, dass die Mitarbeiterinnen des KIB schon seit vielen Jahren interkulturelle Arbeit betreiben. Aufgrund zahlreicher Nachfragen wurde die Ausstellung „Kulturen und Symbole des Islam“ entwickelt. Die Ausstellung umfasst zehn Tafeln und ist ausleihbar. Ein Flyer erklärt Kindern in einfacher Sprache und mit vielen Bildern, warum Menschen fliehen müssen.

Seit letztem Sommer finden im Gemeindezentrum auch Unterstützungsangebote statt, auf einem Spendentisch liegt Nützliches bereit. Durch das gemeinsame Hobby Origami kommt man ‚ins Gespräch‘ – auch wenn man keine gemeinsame Sprache teilt. Ein Faltblatt verbindet eben.

„Wir haben Ehrenämtler, die auch noch nach einer Nachtschicht Asylsuchende aufs Amt begleiten“, berichtet Janine Seifert. Dieses unermüdliche Engagement kann man mit Geld nicht aufwiegen, aber die Ehrenamtsunterstützung des Freistaates stellt zumindest eine symbolische Wertschätzung dar.

Im Gespräch mit Schüler_innen bei Projekttagen zu den präventiven Themen ist es den Sozialarbeiterinnen besonders wichtig, Vorurteile und Ängste aufzuspüren und Gedankenanstöße für ein friedliches Miteinander in der Gruppe zu geben.

Kinder, die gelernt haben, Konflikten offen zu begegnen und im Team zu arbeiten, werden sich auch als Erwachsene um eine tolerante Vielfalt bemühen.

Herausforderung

Beratung kann man nur wahrnehmen, wenn man das Konzept kennt. Janine Seifert bezweifelt, dass es in den Herkunftsländern vieler Asylsuchender eine identische Beratungslandschaft und entsprechende Angebote wie in Deutschland gibt. Dementsprechend schwer ist der Zugang zu solchen Einrichtungen. Wie lässt sich gut informieren und Vertrauen herstellen, damit betroffene Asylsuchende die Beratung auch wahrnehmen – darüber macht sich Janine Seifert Gedanken.

Wünsche an das Netzwerk Tolerantes Sachsen?

In ihrem Alltag steht Janine Seifert im Kontakt mit vielen unterschiedlichen Menschen aller Altersgruppen. Sie bemerkt ganz grundlegende Probleme:

Fehlende Information schafft Unsicherheiten

Warum vermietet die kommunale Wohnungsbaugenossenschaft leerstehende Wohnungen im Block nicht neu? Wird er etwa abgerissen und wir Mieter_innen müssen umziehen? Oder werden die Wohnungen nur für Asylsuchende vorbereitet und wir können bleiben?

Werden die Stellen für Sozialarbeiter_innen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Wohnprojekten eingespart, wenn weniger Flüchtlinge nach Sachsen kommen? Was wird mit den geschrumpften Projekten, wenn doch wieder mehr Menschen ins Land kommen können? Sind sie bereit, die Neuankömmlinge gut unterzubringen oder wird es wieder so unwürdige Notlösungen wie die Einquartierung in Turnhallen geben?

Fehlende Informationen führen zu Unsicherheiten bei der Bevölkerung – und daraus entstehen diffuse Ängste. Um gemeinsam die derzeitigen gesellschaftlichen Herausforderungen meistern zu können, bedarf es einer besseren Information der Bevölkerung. Die wünscht sich Janine Seifert von Politik und Verwaltung – auf kommunaler wie auch auf der landesweiten Ebene. Für eine gute Informationspolitik sollte auch das Netzwerk bei den zuständigen Stellen werben.

Verwaltung in leichter Sprache

„Vorschriften und Anträge sind meist viel zu kompliziert. Ich verstehe ja manche Formulare selbst kaum beim ersten Lesen – wie geht es da erst Nicht-Muttersprachlern“, fragt sich Janine Seifert. Verwaltungsdeutsch in einfacher Sprache erklärt – das wäre hilfreich – für alle.

Austausch und Unterstützung

„Die Möglichkeiten im Netzwerk zum gegenseitigen Austausch mit Projekten zur Demokratieförderung und interkulturellen Arbeit ist mir erst beim Gespräch klar geworden. Jetzt, da ich es weiß, werde ich gern unsere Projekte auf der Onlineplattform zum Nachmachen darstellen, denn es muss ja nicht jeder selbst das Rad neu erfinden. Ich würde mich freuen, wenn ich andere Einrichtungen mit unseren Ideen bereichern könnte. Und natürlich werde ich verstärkt nach Anregungen der anderen Netzwerkpartner suchen“, so Janine Seifert.

Themenideen für Regionaltreffen TolSax Konkret

Wie umgehen mit den ‚Spaziergängen‘ des „Bürgerforums Zwickau“? Und wie kann man noch mehr Menschen in der Stadt erreichen und mobilisieren, um sich gemeinsam für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit einzusetzen? Auf Ideen und Anregungen der anderen Netzwerkmitglieder freut sich Janine Seifert bei dem Regionaltreffen.

Kontakt

Kontakt- und Informationsbüro für präventive Kinder- und Jugendarbeit im Landkreis Zwickau (KIB Zwickau)

Ansprechperson: Janine Seifert

Makarenkostraße 40

08066 Zwickau

Tel: 0375 – 430 99 123

E-Mail: mail@KIB-zwickau.de

Web: http://www.KIB-zwickau.de/

(19.07.2016)


Das Interview wurde im Rahmen unserer TolSaxOnTour (2016 und 2017) geführt. Zur Übersicht der Stationen

Tolerantes Sachsen | Mitglieder und Analyse

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