Bei Radio T in Chemnitz

Auch in Chemnitz bereichert ein freies Radio die Rundfunklandschaft: Radio T versteht sich als lokales und zugangsoffenes Bürger_innenradio – hier können alle selbst Beiträge und Sendungen produzieren. Und das Programm ist so vielfältig wie die etwa 50 ehrenamtlichen Sendungsmachenden. Lokalnachrichten im Detektor und Themensendungen informieren täglich zwischen 18 und 21 Uhr – danach wird es in den Musiksendungen groovy.

102.70 MHz klingt anders – Radio T hebt sich in Sound und Inhalten klar von den öffentlich-rechtlichen oder kommerziellen Sendern ab. Lokale Entwicklungen und vielfältige Einschätzungen ins Radio bringen; Themen ansprechen, die sonst nicht in die Medien kommen – das ist die Motivation der Radioenthusiasten.

Dafür arbeitet das Radio auch in vielfältigen Projekten mit lokalen Initiativen und Institutionen zusammen. So begleiteten die Radiomacher Jörg Braune und Heiko Loth jüngst ein umfangreiches Interviewprojekt der TU Chemnitz zum Thema Asyl. Die unzähligen Interviews der Studierenden mit Behörden, Asylsuchenden und politischen Vetreter_innen wurden zu einem großen Feature kondensiert.

Wie alle freien Radios teilt Radio T seine Beiträge auf einer frei zugänglichen Onlineplattform des Bundesverbandes Freier Radios (BFR). Die Interviews oder Beiträge sind somit nicht nur in Chemnitz, sondern auch in Leipzig und Dresden auf UKW zu hören – und darüber hinaus im gesamten Bundesgebiet. Weltweit kann man das Programm im Internet verfolgen.

Ihre Leidenschaft für das Medium tragen die Sendungsmachenden auch an alle Interessierte weiter. In intensiven Einführungskursen werden die Grundsätze des freien Radios sowie journalistische Methoden und Standards vermittelt.

Besondere medienpädagogische Angebot für Kinder und Jugendliche sollen frühzeitig Diskussionskultur und Medienkompetenz stärken: Themen aus verschiedenen Perspektiven betrachten und auch unterschiedliche Haltungen ausdiskutieren – in den Projekten steht der Erfahrungsprozess im Vordergrund, „wenn natürlich am Ende auch was für unser Programm herauskommen soll“, fügt Jörg Braune zwinkernd hinzu.

Mit ihm unterhielten wir uns über die Polarisierung in der öffentlichen Diskussion und weitere Herausforderungen im Sender.

Im Gespräch mit … Jörg Braune von Radio T

Die jüngsten Entwicklungen?

Wie alle freien Radios in Sachsen profitierte auch Radio T von einer Änderung des Mediengesetzes im Sommer 2015. Seither übernimmt die zuständige Behörde, die Sächsische Medienanstalt für privaten Rundfunk SLM, die Kosten für die Übertragung des Programms auf UKW – immerhin 12.000 € im Jahr für Radio T. „Wir haben lange dafür gekämpft. In den vergangenen Jahren ging es viel um die reine Existenzsicherung – nun können wir uns endlich wieder neuen Projekten und Ideen widmen“, blickt Braune in die Zukunft.

Eines dieser Projekte für 2016 ist der Umzug des Senders ins Musikkombinat. In viel Eigenleistung bauen die Ehrenamtlichen dort größere und bessere Studios aus. Auch ein Ort für Konzerte und Diskussionsrunden ist geplant. In dem kreativen Umweld zwischen anderen subkulturellen Projekten und der Kreativwirtschaft erhoffen sich die Radiomachenden Synergieeffekte.

Herausforderungen

Diskussionskultur wieder etablieren

Jörg Braune hat den Eindruck, dass bei manchen Themen keine vernünftige Diskussion mehr möglich ist – z.B. beim Thema Asyl. Unsachlich und emotional aufgeladen, so nahm er die Debatten bei den ‚Bürgerdialogen‘ in Chemnitz wahr. „Die Menschen hören sich nicht mehr zu, auf Argumente wird nicht mehr reagiert“, bedauert Braune.

Er sucht Strategien und Formate, wie wir wieder eine konstruktive Debattenkultur erreichen. Denn die gesellschaftlichen Veränderungen bringen auch Probleme und Verunsicherung mit sich. Und auch darüber müssen wir reden. Wie sie thematisiert werden können, ohne sofort in Schuldzuweisung und überholte Schwarz-Weiß-Reflexe zu verfallen – daran ist Braune interessiert.

Wünsche an das Netzwerk Tolerantes Sachsen?

Lobbyarbeit

Freie Radios sind ein grundlegender Bestandteil der Medienvielfalt. Zugangsoffen ermöglichen sie den Menschen Mitgestaltung gesellschaftlicher Debatten, fördern Medienkompetenz und demokratische Selbstorganisation. Für diese Bedeutung der freien Radios sollte das Netzwerk alle gesellschaftlichen Akteure sensibilisieren – auch die politischen Entscheidungsträger_innen.

Radioworkshops für Vereine

Sollten sich Vereine und Initiativen aus dem Raum Chemnitz dafür interessieren, ihre Themen ins Radio zu bringen, steht Radio T gerne mit Einführungsworkshops, mit Technik und Rat zur Verfügung.

Themenideen für Regionaltreffen TolSax Konkret

Diskussionskultur stärken

Wie umgehen mit den Unsicherheiten und Ängsten in der Bevölkerung? Wie konstruktiv über gesellschaftliche Probleme sprechen und dabei mehr als eine Perspektive einbeziehen?

Jörg Braune freut sich beim Regionaltreffen auf Ideen zu Formaten und Argumentationstrainings, die auf die neuen Entwicklungen eingehen.

Kontakt

Radio T e.V.

Ansprechperson: Jörg BrauneKarl-Liebknecht Str. 19

09111 Chemnitz

Tel:0371/ 350235
E-mail: info@radiot.de
Web: http://www.radiot-chemnitz.de/
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(19.07.2016)


Das Interview wurde im Rahmen unserer TolSaxOnTour (2016 und 2017) geführt. Zur Übersicht der Stationen

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